Der Ort San Julián ist alles andere als schön. Leider knüpft er an keinerlei Tradition an, wie es bei den von Jesuiten oder Franziskanern gegründeten Dörfern der Fall ist. Dank eines Projekts der Regierung in den 80er Jahren, siedelten sich hier aus allen Gegenden Boliviens Menschen an, um mit einem Stück fruchtbaren Land ihr Glück zu versuchen.

Die Menschen aus dem Hochland Boliviens sind von den harten Lebensbedingungen in den Anden geprägt und daher sehr (geschäfts-)tüchtig sind, ob in der Landwirtschaft oder in der Markthalle.
Mittlerweile hat San Julián mehr als 60.000 Einwohner und wächst schnell, viel zu schnell. Neben ärmlichen Hütten aus Lehmziegeln, Brettern und Planen sieht man auch schon passable drei- bis vierstöckige Häuser, die aus Ziegelsteinen gefertigt sind. Auf den staubigen Straßen bieten fliegende Händler auf Schubkarren ihre Waren an, wer es sich leisten kann, kauft aber auch in einem der zwei Supermärkte ein. Das Leben spielt sich vor allem in den großen Markthallen ab, hier ist die Fleischabteilung ein befremdlicher Ort, nicht nur für Vegetarier, die Obst- und Gemüseabteilung dagegen ein Paradies.
     
An der Plaza befinden sich ein zweistöckiges Rathaus und eine sehr schöne Kirche. Die Kirche konnte dank ADVENIAT, der Franziskaner Mission, anderen Hilfswerken und Spendern des aus Bamberg stammenden Pfarrers Josef Schicker gebaut und im Jahr 2001 eingeweiht werden. Sie nimmt den Baustil der alten Missionskirchen auf, übersetzt ihn aber in die Moderne. An den vier seitlichen Kirchentüren ist das Vaterunser jeweils in einer anderen wichtigen Stammessprache Boliviens angeschrieben: Quechua, Aymara, Guaraní und Chiquitano. Es sollen sich alle – woher auch immer sie kommen – gleichermaßen in der Kirche beheimatet fühlen, und doch fremdeln viele immer noch.